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Kenntnisnahme
Günter Sevenich, Geschäftsführer operativ der Agentur für Arbeit Aachen-Düren, erläutert die aktuelle Arbeits- und Ausbildungsmarktlage für seinen Agenturbezirk. Die Präsentationsfolien werden dem Protokoll beigefügt.
Im Allgemeinen werde derzeit von einem stabilen Arbeitsmarkt gesprochen. Das bedeute, die Betriebe halten aufgrund des Fachkräftemangels so lang wie möglich an ihren Fachkräften fest. Die Gesamtarbeitsarbeitslosigkeit liege bei rund 42.500 und bewege sich nur marginal. Bestandswachstum komme aber zustande, weil zwar die Zahl derjenigen, die in die Arbeitslosigkeit eingehen, weitestgehend gleichbleibe, demgegenüber aber weniger Menschen in den Arbeitsmarkt einmündeten. Unternehmen seien nach wie vor sehr vorsichtig bei Neueinstellung: 80 Prozent der gemeldeten Stellenangebote fragten Fachkräfte nach, während im SGB III 50-60 Prozent der Menschen mit entsprechenden Qualifikation seien, im SGB II sogar nur ein Drittel.
Günter Sevenich erläutert das Fachkräfteparadoxon: Arbeitslosigkeit steigt bei gleichzeitigem Fachkräftemangel in vielen Berufen, weil Qualifikation und Nachfrage nicht zusammenpassen. Das Beschäftigungswachstum sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter des letzten Jahres würde zudem fast ausschließlich von ausländischen Beschäftigten getragen. In der StädteRegion Aachen seien vom Fachkräftemangel besonders viele Berufsgruppen betroffen, in Heinsberg etwas weniger und in Düren falle er am geringsten aus. Erklärung: In Düren ginge die Arbeitslosigkeit nach Corona weit weniger zurück als bspw. in der StädteRegion und stagniere auf hohem Niveau; gleichzeitig gäbe es weniger Mangel an Berufen, weil Betriebe entsprechende Fachkräfte nicht nachfragen würden.
Im Ausbildungsmarkt sei eine einschneidende Entwicklung zu konstatieren: Insgesamt stünden im Mai 2024 in Aachen, Düren und Heinsberg 100 betriebliche Ausbildungsstellen 106 Bewerbern gegenüber. Während im letztem Jahr zum gleichen Zeitpunkt der Markt noch ein klarer Bewerbermarkt gewesen sei, sei in diesem Jahr ein dramatischer Abfall der Ausbildungsbereitschaft festzustellen. Heinsberg treffe es besonders, hier sei ein Rückgang der Ausbildungsbetriebe um 20 Prozent festzustellen. Insgesamt bilde nur jeder 5. Betrieb derzeit aus, vier von fünf Betrieben nicht. Als mögliche Ursachen führt Günter Sevenich schlechte Erfahrungen in der Ausbildungsbesetzung sowie die konjunkturelle Entwicklung und damit einhergehende fehlende Aufträge vor allem im Baugewerbe an.
Im Anschluss ergänzt Ralf Holtkötter, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Brühl, die aktuelle Arbeits- und Ausbildungsmarktlage für den Kreis Euskirchen. Die Präsentationsfolien werden dem Protokoll beigefügt.
In Euskirchen könne man von einem robusten Arbeitsmarkt sprechen, es gäbe kaum Bewegung bei der Arbeitslosigkeit bei leicht positiver Entwicklung. Auch in Euskirchen sei ein Rückgang der gemeldeten offenen Stellen zu verzeichnen. Das zeige zum einen die Vorsicht der Betriebe aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung, zum anderen die Resignation hinsichtlich der Stellenbesetzung.
Engpassberufe in Euskirchen seien wie fast überall vor allem im Bereich Gartenbau, Verwaltung und Gesundheit festzustellen.
Anders als in Aachen könne in Euskirchen eine Steigerung der Bewerbenden und gleichzeitig eine Steigerung der gemeldeten Ausbildungsstellen festgestellt werden. Auch könne man trotz gleichgroßer Zahl von noch Suchenden und noch offenen Stellen nach wie vor von einem Bewerbermarkt sprechen, weil viele Ausbildungsplätze auch in den Kreisen ringsherum gesucht und angenommen würden. Ein Fakt, den die vorliegende Statistik nicht berücksichtige.
Bedenklich findet Ralf Holtköttter, dass junge Menschen in der gesamten Region nach wie vor an den tradierten Berufen festhielten: Es seien immer noch die gleichen Top 10 der Ausbildungsberufe, obwohl über 300 Ausbildungsberufe zur Auswahl stünden. Hier wären seiner Meinung nach andere Ansätze bei Berufsorientierung ein wichtiger Weg.
Norbert Spinrath zeigt sich schockiert von der Ausbildungsquote bei den Betrieben, und darüber, dass diese bei konjunkturellem Abschwung immer wieder in dasselbe Muster verfallen, um dann bei vollen Auftragsbüchern nach fehlenden Fachkräften zu rufen. Auf die Nachfrage von Norbert Spinrath, welche Qualifizierungsmaßnahmen ergriffen werden können, um die Arbeitssuchenden zu qualifizieren, verweist Herr Sevenich auf das Instrument der Teilqualifizierung (TQ). So könne ein Teil der Ungelernten in der Grundsicherung, die zwei Drittel dort ausmachen, als Alternative zu einer ein- bis zweijährigen Umschulung in Schritten zu Fachkräften ausgebildet werden. Ralf Holtkötter ergänzt, dass es hierfür auch eine Akzeptanz der TQ bei den Unternehmen und einen Richtungswechsel brauche. Dieser bestünde darin, Menschen dafür zu bezahlen, weil sie eine bestimmte Leistung bringen und nicht, weil sie eine bestimmte Ausbildung haben.
Simon Zabel verweist in diesem Zusammenhang auf den TQ-Tag am 11. Juni 2024, zu dem die IHK Aachen gemeinsam mit der Regionalagentur im Region Aachen Zweckverband einlädt, um Unternehmen über das Instrument Teilqualifizierung aufzuklären. [Anmerkung: Eine Einladung dazu wurde im Nachgang an die Ausschussmitglieder per E-Mail versendet.]
Manfred Bausch zeigt sich erstaunt darüber, dass sich im Bereich der Berufsorientierung so wenig bewege, obwohl man hier seit Jahren aktiv sei. Deswegen bittet er darum, beim nächsten Ausschuss in das Thema Berufsorientierung tiefer einzusteigen, gegebenenfalls mit innovativen Ansätzen oder Praxisbeispielen auch außerhalb der Region.
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